Das W3-Konsortium sorgt nicht nur für die Standardisierung von Sprachen wie HTML und CSS, sondern hat auch eine Initiative für die Zugänglichkeit im Web gegründet: die Web Accessibility Initiative (WAI) – http://www.w3.org/WAI/. Ziel dieser Initiative ist es, unter Webdesignern das allgemeine Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Webseiten auch für Menschen mit eingeschränkten Zugangsfähigkeiten erreichbar sein sollten.

Über das Ausmaß der eingeschränkten Zugangsfähigkeit lässt sich natürlich trefflich streiten. Sehbehinderte oder völlig erblindete Menschen erfahren im Web ganz offensichtlich Einschränkungen. Doch eine eingeschränkte Zugangsfähigkeit kann in einem weiter gefassten Sinne auch schon Menschen betreffen, die keine DSL-Flatrate und keinen Pentium-4-PC ihr eigen nennen, sondern aus finanziellen Gründen oder wohnortbedingt mit einem alten PC über eine Modemverbindung mit teurem Zeittakt ins Internet gehen.

Menschen mit Sehschwächen erleiden auch andere Einschränkungen als Menschen mit Hörschwächen und wieder andere als Menschen mit motorischen Störungen. Dennoch wird mit gutem Grund versucht, für Websites ähnliche Richtlinien für die Behindertengleichstellung zu schaffen, wie es sie für öffentliche Orte ebenfalls gibt.

Die Richtlinien der WAI-Initiative sind in dem Dokument »Web Content Accessibility Guidelines« zusammengefasst, das in Fassung 1.0 unter http://www.w3.org/TR/WCAG10/ zu finden ist. Unter http://www.w3c.de/Trans/WAI/webinhalt.html wird eine deutsche Übersetzung angeboten. Zusammengefasst werden in diesem maßgeblichen Dokument folgende Richtlinien aufgestellt:

1. Stellen Sie äquivalente Alternativen für Audio- und visuellen Inhalt bereit.
Der Aufwand, etwa eine audiovisuelle, in Flash realisierte Sprachlernübung alternativ in reiner Textform bereitzustellen, ist sicherlich nicht gering und Abstriche bei der Wirkung werden sich kaum vermeiden lassen. Für Betroffene erzielt Ihre Site dadurch jedoch einen entscheidenden Mehrwert.

2. Verlassen Sie sich nicht auf Farbe allein.
Das bedeutet vor allem, dass stets auf ausreichenden Kontrastreichtum von Hinter- und Vordergrundfarben geachtet werden sollte. Schwache Kontraste gelten unter manchen Designern als edel, doch wenn sie nur von Menschen mit hundertprozentiger Sehfähigkeit wahrnehmbar sind, wirken sie überheblich und arrogant.

3. Verwenden Sie Markup und Stylesheets und tun Sie dies auf korrekte Weise.
Dies richtet sich vor allem an Designer, die wild verschachtelte Tabellen benutzen, um ihr Seitenlayout zu realisieren, oder die eine Auszeichnung wie die für Blockzitate benutzen, um Absätze einzurücken, bei denen es sich gar nicht um ein Zitat handelt. HTML-Code sollte syntaktisch fehlerfrei und strukturell sinnvoll sein. Für die Optik sollte allein CSS zum Einsatz kommen. Nicht skalierbare Größen sollten vermieden werden.

4. Verdeutlichen Sie die Verwendung natürlicher Sprache.
HTML sieht Möglichkeiten vor, anzugeben, in welcher natürlichen Sprache welcher Text geschrieben ist. Dies erleichtert es akustischen Ausgabesystemen, die Texte korrekt vorzulesen. Auch Abkürzungen sollten als solche mit den dafür vorgesehenen HTML-Elementen ausgezeichnet werden, um akustischen Ausgabesystemen die Arbeit zu erleichtern.

5. Erstellen Sie Tabellen, die problemlos transformieren.
Tabellen, die für nichttabellarische Zwecke verwendet werden (z. B. für Seitenlayouts), sollten in linearisierter Form eine sinnvolle inhaltliche Reihenfolge ergeben. »Linearisiert« bedeutet »Zelle für Zelle hintereinander als Absätze gedacht, in der Reihenfolge, wie die Zellen im Code notiert sind«. Ferner gehört die korrekte Auszeichnung von Kopf- und Datenzellen dazu sowie die Verwendung weiterer logischer Tabellenelemente wie Spaltengruppen, Kopf-, Körper- und Fußbereich usw.

6. Sorgen Sie dafür, dass Seiten, die neue Technologien verwenden, problemlos transformieren.
Damit ist gemeint, dass ein HTML-Dokument auch dann gut lesbar ist, wenn das schicke Stylesheet nicht angezeigt werden kann oder wenn JavaScript deaktiviert ist. Der Inhalt sollte auf keinen Fall von zusätzlichen Technologien für Optik oder Dynamik abhängig sein. Falls doch, sollte eine Alternativversion bereitgestellt werden, die auf zusätzliche Technologien verzichtet.

7. Sorgen Sie für eine Kontrolle des Benutzers über zeitgesteuerte Änderungen des Inhalts.
Bewegliche Abläufe, Filme oder Sounds sollten nicht ohne Eingriffsmöglichkeit des Anwenders durchlaufen oder gar in Endlosschleifen wiederholt werden. Alles, was in der Zeit abgespielt wird, sollte über Pausen- und/oder Stopp-Funktion verfügen.

8. Sorgen Sie für direkte Zugänglichkeit eingebetteter Benutzerschnittstellen.
Eingebettete Multimedia- Objekte oder Java-Applets sollen entweder selbst den Richtlinien für Zugänglichkeit folgen oder die einbettende Webseite muss dafür sorgen, dass eine solche Zugänglichkeit gegeben ist.

9. Wählen Sie ein geräteunabhängiges Design.
Die Website sollte sowohl über die Tastatur als auch per Maus oder über andere Eingabeformen wie Sprache oder spezielle Zeigegeräte bedienbar sein. Vieles davon nehmen Ihnen bereits Betriebssystemoberfläche und Browser ab. Doch sollten Hyperlinks auf die dafür vorgesehene Weise ausgezeichnet werden. Von Möglichkeiten, wichtige Links oder Schaltflächen mit einem Tastatur-Hotkey zu belegen, sollte Gebrauch gemacht werden.

10. Verwenden Sie Interim-Lösungen.
Damit ist die Rückwärtskompatibilität zu älteren Browsern und anderer Zugangs-Software gemeint. So wird etwa empfohlen, Inhalte nicht ohne Not auf mehrere Fenster zu verteilen.

11. Verwenden Sie W3C-Technologien und -Richtlinien.
Diese Richtlinie besagt, dass die Technologien des W3-Konsortiums beim Erstellen von Webseiten den Vorzug vor anderen Technologien erhalten sollten. Damit wird der Unsitte mancher Webdesigner, eine reine Flash-Lösung zu bevorzugen und eine HTML-Lösung nur noch als belächelte Alternative zur Verfügung zu stellen, eine klare Absage erteilt. Auch PDF-Dokumente sollten nicht anstelle von HTML, CSS usw. angeboten werden, sondern nur als ergänzendes Material oder als Komfortfunktion, etwa um eine optimierte Druckversion eines Artikels anzubieten.

12. Stellen Sie Informationen zum Kontext und zur Orientierung bereit.
Dazu gehört beispielsweise, komplexe Formulare in »Fieldsets« aufzuteilen, also in logische Gruppen. Wichtig ist aber auch, Textwüsten mit ausreichend vielen Zwischenüberschriften zu versehen, um »Haltestellen« einzurichten. Frame-Fenster, Grafiken usw. sollten mit sprechenden Titeln und Alternativtexten versehen werden.

13. Stellen Sie klare Navigationsmechanismen bereit.
HTML stellt, abgesehen vom link-Element, keine richtige Funktionalität zur Realisierung einer Site-Navigation bereit. Deshalb sind Webdesigner angehalten, ein Set von Links durch Position, Beschriftung und andere Merkmale als erkennbare Site-Navigation zu definieren. Die Navigation sollte site-weit konsistent sein. Linkziele sollten mithilfe der verschiedenen Möglichkeiten, die HTML dazu bereitstellt, möglichst genau beschrieben werden.

14. Sorgen Sie dafür, dass Dokumente klar und einfach gehalten sind.
Wenn möglich, sollte eine einfache, klare Sprache gewählt werden. Nicht nur Muttersprachler lesen eine Webseite und auch Menschen mit Leseschwierigkeiten gehören zur Benutzergruppe.